Pressefreiheit (172 / 2025)

Cover frauen*solidarität Nr. 172

Freiheit für die Presse

Editorial

Die weltweite Lage der Pressefreiheit ist auf einem historischen Tiefstand. Damit kennzeichnen die „Reporter ohne Grenzen“ den dramatischen Verlust unabhängiger Berichterstattung. In 90 von 180 beobachteten Ländern ist die Situation für Journalist_innen „schwierig“ bzw. „sehr ernst“. Österreich landet auf dem unrühmlichen 22. Platz, wegen der Medienkonzentration in den Händen einiger weniger Familien (und deren Interessen) und der finanziellen Abhängigkeit von regierungstreuen Inseraten. Je autoritärer und patriarchaler das System, um so gefährlicher ist die Arbeit – vor allem für Frauen. So stehen in dieser aktuellen Ausgabe jene Journalistinnen im Vordergrund, die aus Israel und Gaza versuchen, ohne Regierungspropaganda der jeweiligen Seite zu berichten. Ebenso die mexikanischen Kolleginnen, die als Indigene und Berichterstatterinnen über Korruption um ihr Leben fürchten. Welche Sicherheiten bieten Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte? Wie sehr sind Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit miteinander verbunden? Diese Diskussion wollen wir mit dieser Ausgabe anstoßen. Wir freuen uns über Reaktionen und Impulse!
Und nun – in eigener Sache
Der Preis „Die Seglerin“ der Menschenrechtsorganisation Südwind geht in diesem Jahr am Donnerstag, 23.10. um 18 Uhr in der Südwind-Buchwelt in Wien an Ulrike Lunacek, für ihr langjähriges Ehrenamt als Obfrau der Frauen*solidarität. Sie wird für ihr entwicklungspolitisches Engagement ebenso ausgezeichnet, wie für ihren andauernden Einsatz für Menschen- und LGBTIQ+ Rechte. Wir gratulieren! Ebenfalls preisverdächtig ist der Wechsel unseres Aussehens: Das neue „Kleid“ verdanken wir Nina Fuchs. Die Graphikdesignerin mit langjähriger Erfahrung im Kunstund Kulturbereich heißen wir herzlich willkommen und bedanken uns bei Anne Lange und Klara Tolnai für die langjährige Zusammenarbeit. Die besondere Ästhetik der aktuellen Ausgabe verdanken wir den Illustrationen von Cortina, einer Künstlerin aus Mexiko, die mit ihren eindringlichen Arbeiten die feministische Szene in Wien bereichert. Wir begrüßen außerdem unsere neue Kolumnistin Mitzi Jonelle Tan. Die philippinische Klimaaktivistin schreibt in Unter der Lupe über die Zusammenhänge zwischen Klima- und Geschlechtergerechtigkeit. Seit Anfang September heißt es auch: Willkommen Fanny Fröhlich! Die anerkannte Sozialwissenschaftlerin mit langjähriger Projektmanagementerfahrung und Expertin für Gender und Internationale Entwicklung hat die Geschäftsleitung der Frauen*solidarität übernommen. Sie vertritt Aleksandra Kolodziejczyk für die Dauer ihrer Karenz- Zeit – alles Gute, liebe Aleks und liebe Fanny!

Viel Spannung beim unabhängigen Lesen,
wünscht Andrea Ernst

Zum Schwerpunkt

Die Lage der Pressefreiheit ist 2025 auf einem historischen Tiefstand, so die Organisation „Reporter Ohne Grenzen“. Wirtschaftlicher Druck, Medienkonzentration, die Konkurrenz durch große Online-Plattformen, aber auch staatliche Repression und zunehmende Gewalt gegen Journalist_innen, schränken die Möglichkeiten freier und unabhängiger Berichterstattung ein.

In dieser Ausgabe stehen mutige Journalistinnen im Vordergrund, die sich etwa in Mexiko und Rumänien gegen Gewalt und Einschüchterungskampagnen zur Wehr setzen oder aus Israel und Gaza berichten und versuchen, ein vollständigeres Bild des Krieges zu zeichnen.

SCHWERPUNKT PRESSEFREIHEIT


AUF EIN WORT


SAG’S IN ZAHLEN


Sag’s in Zahlen! Mit Women on Air

Andreea Zelinka
… ist eine offene feministische Redaktionsgruppe, die Frauen und FLINTA aus dem globalen Süden in den Mittelpunkt rückt. 2005 als Kooperationsprojekt der Frauen*solidarität und dem freien Radio Orange 94.0 in Wien gegründet, ist die Sendung Globale Dialoge seit 20 Jahren zu hören.

UNTER DER LUPE: KLIMAGERECHTIGKEIT


Vom Patriarchat zum planetaren Kollaps

Mitzi Jonelle Tan
80 % der Menschen, die durch Klimakatastrophen vertrieben werden, sind Frauen. LGBTIQ sind in Klimanotständen einem höheren Risiko von Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Diese Zahlen spiegeln reale Leben und reale Traumata wider – aber sie erzählen nicht die ganze Geschichte. Eine Kolumne von MITZI JONELLE TAN.

QUERSCHNITT


Artikelbild

Globale Anti-Gender-Bewegung im Aufwind

Aleksandra Kolodziejczyk
Die Vereinten Nationen (UN) haben sich zur größten transnationalen Bühne für Anti-Gender-Akteur_innen entwickelt. Wie sich dieser Backlash bei der 69. UN-Frauenstatuskommission (CSW69) zeigte und was dieses globale Netzwerk gegen Geschlechtergerechtigkeit vereint, berichtet ALEKSANDRA KOLODZIEJCZYK.

Die neue Sichtbarkeit der Frauen

Cornelia Perle
Im April 2025 verpasste Luisa González bei den Präsidentschaftswahlen in Ecuador nur knapp den historischen Sieg. Mit der Wiederwahl des Präsidenten Daniel Noboa droht nun eine Demontage demokratischer Institutionen. CORNELIA PERLE über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven für Frauen und die Demokratie im Land.
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Generation Aufstand

Ana Jokić
Seitdem ein einstürzendes Dach des Bahnhofs in Novi Sad 16 Menschen unter sich begrub, protestieren die Menschen in Serbien, allen voran die Studierenden. ANA JOKIĆ berichtet von dem Versuch, die autoritäre Regierung zur Verantwortung zu ziehen.
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Zu sagen, „ich bin lesbisch“, ist revolutionär

Ulrike Lunacek
Mit ihrem Film „Lesbians Free Everyone“ blickt Beverley Ditsie zurück auf Kämpfe um lesbische Sichtbarkeit auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Beijing 1995. Im März 2025 zeigten die Frauen*solidarität und die Grünen Andersrum Wien den Film im Wiener Votivkino. ULRIKE LUNACEK hat die besten Momente aus dem anschließenden Online-Gespräch zusammengetragen.

Außenpolitische Ziele

Redaktion
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist seit 2025 Außenministerin in der neuen österreichischen Regierung. Dazu, wie sie sich angesichts von Sparplänen und nachlassendender globaler Solidarität für Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte einsetzen möchte, haben wir schriftlich ein paar Fragen an sie gestellt.

POSITIONEN


Medienprojekt Globale Dialoge: Aus zum 20-jährigen Jubiläum?

Verena Bauer
Als ich 2010 von meinem Auslandsaufenthalt nach Wien zurückkehrte, war der feministische Radioworkshop der offenen Redaktionsgruppe Women on Air einer meiner ersten Tätigkeitsbereiche. Seitdem ist das Radiomachen Teil meines Lebens. Eine Kolumne von VERENA BAUER

BIBLIOTHEK


Pressefreiheit

Redaktion
Literaturtipps zum Schwerpunkt Pressefreiheit in der C3-Bibliothek für Entwicklungspolitik/Bestand Frauen*solidarität.

MUSIKREZENSIONEN


Caked Up

Claudia Hanslmeier
Bouncy, juicy und alles andere als schüchtern – so klingt das Album caked up der Rapperin 504icygrl: Mit pumpenden Bounce-Beats und sexpositiven Lyrics macht Ariel Riley in dieser LP unmissverständlich klar, was sie will.

Flor de Lava

Anna Ida Fierz
Von einer Freundin behutsam in die Arme genommen werden, oder vielleicht gleich von sechs Freundinnen: Wie das klingt, zeigen die kolumbianischen Musikerinnen Brina Quoya, Maria McCausland, Natalia Medina, Paula van Hissenhoven, Pilar Cabrera und Sabi Satizábal.

Queendom

CS & PS
nergetisch, empowernd und opulent präsentiert sich Savannah Hannah mit Queendom. Die aufwändigen Sounds, verspielt und vielschichtig, schöpfen zwischen Rap, HipHop und Funk aus dem Vollen – einer Königin würdig.

BUCHREZENSIONEN


Die Frauen von Bidi Bidi

Flora Kleiser
Auf den Spuren ihrer Mutter begibt sich Minga in die Geflüchtetensiedlung Bidi Bidi und findet dort nicht nur Antworten auf ihre Fragen, sondern taucht ein in die Lebengeschichten der Frauen, die dort vor männlicher Gewalt und dem Krieg Schutz suchen.

Dream Count

Rita Schäfer
Chimamanda Ngozi Adichie, bekannt durch den Weltbestseller Americanah (2013), hat einen neuen Roman herausgebracht. Es geht um vier Frauen in den USA – drei kommen aus Nigeria und sind mit ihrer Heimat familiär eng verbunden, eine kommt aus Guinea und hat Asyl beantragt

Das Recht auf Radio

Bernadette Schönangerer
Was Radio alles (sein) kann, werfen die unterschiedlichen Beiträge dieses Buches auf, mit dem Radio ORANGE 94.0 nicht nur auf die eigene Geschichte blickt, sondern auch ein Stück zivilgesellschaftliche Bewegungsgeschichte erzählt.