Ein geglücktes Leben

Sigrun Berger (16.1.1934, Krems – 17.12.2021, Wien) „Wenn ich dich suchen würde, könnte ich 20 verschiedene Häuser betreten und wüsste sofort welches deines ist, denn deine Anwesenheit ist in jedem der Orte, an denen du gewohnt hast, spür- und sichtbar. In unserem Haus bringen jeden Tag dein Lebensbaum, deine Malereien, der kleine Keramik-Fisch, die kleinen Krüge dich und deine Landschaft zu uns.“ Schon 2004 schrieb eine von Sigruns chilenischen Freundinnen, die politische Aktivistin Verónica Salas, diese Zeilen in einer Hommage zu ihrem 70. Geburtstag. (Für dich soll’s rote Rosen regnen, S. 7) Und so geht es wohl vielen von uns, die mit Sigrun zusammengearbeitet haben und/oder mit ihr befreundet waren: Ihr künstlerisches und handwerkliches Geschick hat überall Spuren hinterlassen, in vielen Wohnungen, an zahlreichen Orten ihrer Tätigkeit über die Jahrzehnte, in Österreich, Chile, Nicaragua – und damit auch in den Herzen von unzähligen Frauen, Männern und Kindern, die dieser einzigartigen Frau begegnet sind. Einer Frau, die uns in den Worten von Christa Esterhazy, einer ebenso über Jahrzehnte entwicklungspolitisch engagierten Frau, mit „… diese(r) Mischung von fortschrittlicher, ja vielleicht auch kämpferischer Natur einerseits und mütterlicher Ausstrahlung andererseits“(ebd., S. 15) beeindruckte. Oder wie Johanna Dohnal, langjährige Staatssekretärin und Frauenministerin, auch zu Sigruns 70er (ebd., S. 14), formulierte: „Du hast sichtbar gemacht, dass Solidarität etwas mit Selbstwertgefühl, mit Ehre und Würde zu tun hat.“ Sigrun Berger war eine der Gründerinnen unserer Organisation, war viele Jahre Obfrau und bis zu ihrem Tod am 17. Dezember 2021 – einen knappen Monat vor ihrem 88. Geburtstag – unsere Ehrenvorsitzende. Sie hat von Anbeginn die entwicklungspolitische Arbeit und die internen Prozesse der Frauensolidarität entscheidend geprägt. Pionierin war sie in ihrem Leben immer wieder: So etwa im Bereich der österreichischen Entwicklungshilfe, wie es damals noch hieß, als sie 1964 mit ihrem ersten Mann Sepp Pernerstorfer eine der ersten „Entwicklungshelfer*innen“ in Österreichs waren – sie als MEF, „als Mitreisende Ehefrau“, denn eigene Arbeitsverträge für Ehefrauen waren in dieser Zeit noch nicht vorgesehen. Der Wunsch „über das hinauszugehen, was ich kenne“, wie Sigrun 2002 in einem Interview mit dem Südwind-Magazin (https://www.suedwind-magazin.at/menschen-aus-anderen-kulturen-waren-fuer-mich-eine-grosse-bereicherung/) erzählte, entstand schon sehr früh. Entscheidend dafür sei folgendes Schlüsselerlebnis gewesen: „Ich war (in der Kriegs- und Nachkriegszeit, Anm.) mit viel Rassismus konfrontiert. Der hat mir schon damals weh getan. Ich hatte das Gefühl, da stimmt was nicht. Mit 13 Jahren habe ich im Stift Melk einen alten Priester gehört, der mit viel Liebe von Feuerland und von den

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