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Klimafinanzierung: eine globale Verantwortung

Von 11. bis 24. November findet die Klimakonferenz in Baku statt. Die Finanzierung von Klimaschutz und eine Abfederung der Folgen des Klimawandels werden dabei ein zentrales Thema sein. Für unsere Autorinnen Lays Ushirobira, Nahida Ommey und Grace Namugambe ist klar: Klimafinanzierung und Steuergerechtigkeit müssen zusammengedacht werden.

Klimafinanzierung zum Schutz des Amazonas

Lays Ushirobira

In diesem Jahr hatte ich die Ehre, Raoni Matukire, einen der einflussreichsten indigenen Führer Brasiliens, zu treffen und seine Arbeit genauer zu verfolgen. Er reist um die Welt, um darauf aufmerksam zu machen, dass der Schutz des Amazonas, des größten Regenwaldes dieses Planeten, für die Zukunft der Menschheit wesentlich ist. Dieses einzigartige Gebiet erstreckt sich über neun südamerikanische Länder und zählt zu den artenreichsten Regionen auf der Welt, in dem das Kohlenstoffäquivalent von zehn Jahren an Treibhausemissionen gespeichert ist. 2024 verzeichnet die Region die größte Trockenheit und die größte Zahl an Bränden seit Jahrzehnten.

Eine Studie zum Sozialen Progress Index (IPS) des Forschungsinstituts Imazon belegt einen positiven Zusammenhang von Umweltschutz und sozialem Fortschritt: in Städten, die auf Umweltschutz setzen, ist der soziale Fortschritt größer. Die Klimakrise verstärkt intersektionale Ungleichheiten, insbesondere Geschlechterungleichheiten: Frauen sind stärker von Gewalt und wirtschaftlichen und sozialen Problemen, die durch die Klimakrise verschärft werden, betroffen. Laut einer Studie des Forschungsinstituts Igarapé haben Frauen dort, wo es besonders viele illegale ökonomische Aktivitäten gibt, wie im Amazonasgebiet,  auch häufiger unter sexueller Gewalt zu leiden.

Auf der bevorstehenden UN-Klimakonferenz wird Klimafinanzierung ein zentrales Thema sein, wobei auch Steuergerechtigkeit als Lösungsansatz diskutiert wird. Laut einer Studie des Tax Justice Network könnten durch eine progressive Besteuerung der Superreichen mit Raten zwischen 1.7 % und 3.5 % weitweit Einnahmen von 2,1 Bill. US-Dollar erzielt werden – ein dringend benötigter Betrag zur Schließung der Klimafinanzierungslücke. Während der brasilianische Präsident Lula auf dem diesjährigen G20-Gipfel für eine Vermögenssteuer eintrat, ist das Budget zur Bekämpfung des Klimawandels und der Entwaldung eines der niedrigsten der Regierung. Steuer- und Klimagerechtigkeit sind jedoch nur mit politischem Willen und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft umsetzbar.

Lays Ushirobira ist Journalistin und Aktivistin aus Brasilien und arbeitet an der Schnittstelle von Bewegungsaufbau und Advocacy-Kampagnen für wirtschaftliche und Klimagerechtigkeit.

Die Verursacher von Umweltverschmutzung zur Verantwortung ziehen

Nahida Ommey

Der globale Süden verliert jährlich über eine Bill. US-Dollar durch illegale Finanzströme, hauptsächlich verursacht von multinationalen Unternehmen im Öl- und Gassektor, die Steuervermeidung betreiben. Diese Konzerne nutzen steuerliche Schlupflöcher und erhalten Unterstützung von Organisationen wie der OECD, den G20-Staaten und internationalen Finanzinstitutionen. Gerade die größten Verursacher von Umweltverschmutzung schränken durch Steuermissbrauch die Fähigkeit der Länder ein, die ökologischen Herausforderungen zu bewältigen.

Rohstoffindustrien verursachen im globalen Süden unzählige Klimakatastrophen. Regierungen bieten weiterhin Steuervergünstigungen, die es Unternehmen in der fossilen Brennstoffindustrie ermöglichen, auf Kosten von Mensch und Natur Gewinne zu erzielen. Eine progressive und faire Besteuerung würde die Verantwortung auf Verursachende übertragen und dem globalen Süden benötigte finanzielle Mittel zur Bewältigung der Klimakrise bereitstellen.

2022 melden Unternehmen wie Chevron, Shell, ExxonMobil und Total Energies einen Gewinn von über 150 Mrd. US-Dollar. In Bangladesch ereignete sich eine Tragödie, als in Magurchora und Tengratila die von Chevron und Niko betriebenen Gasblöcke explodierten. Dadurch gingen 14 Mrd. Kubikmeter Gas verloren. Laut der Bangladesh Environmental Lawyers Association zerstörte allein die Explosion in Magurchora etwa 36 Hektar Land. Bis heute hat Chevron keine Entschädigung geleistet und ist dort weiterhin geschäftlich tätig. Im Gegensatz dazu entschädigte Niko etwa 620 betroffene Familien mit 525.000 US-Dollar und stellte weitere 100.000 US-Dollar für Aufforstungsmaßnahmen bereit. Dies deckt jedoch nur 0,65 % der geschätzten Gesamtschäden von über 100 Mio. US-Dollar. Das volle Ausmaß an Umweltschäden bleibt unklar.

Nahida Ommey ist Senior Policy Specialist für wirtschaftliche Gerechtigkeit bei Christian Aid in Bangladesch und Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe Steuer und Gender der Global Alliance for Tax Justice.

Was die UN-Steuerkonvention für die Bekämpfung der Klimakrise bringt

Grace Namugambe

Afrika besitzt rund 30 % der Mineralreserven auf der Welt, 8 % des weltweiten Gases und 12 % der weltweiten Ölreserven. Trotz des Ressourcenreichtums haben die afrikanischen Länder begrenzte finanzielle Mittel für Entwicklung und sind im Teufelskreis schnell wachsender Schuldenstände gefangen. Die Industrien zur Ausbeutung der Bodenschätze in Afrika bedeuten für den Kontinent ein erhöhtes Risiko von Umweltproblemen. Bestehende Steuersysteme begünstigen Steuerhinterziehung und -vermeidung durch multinationale Konzerne. So versuchte etwa Heritage Oil and Gas Steuern in Höhe von 434 Mio. US-Dollar durch Schlupflöcher im Steuerabkommen zwischen Uganda und Mauritius zu umgehen.

Afrikas mineralgewinnende Industrien bergen erhebliche ökologische und steuerliche Herausforderungen, die durch die UN-Steuerkonvention angegangen werden müssen. Durch eine Etablierung von Ökosteuern, die Reduzierung von Subventionen an schädliche Industrien und die Bekämpfung der Steuervermeidung kann die Konvention afrikanische Länder in ihren Bemühungen unterstützen, Wirtschaftswachstum und ökologische Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Angesichts der weltweiten Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, dass afrikanische Länder ihre eigenen natürlichen Ressourcen so bewirtschaften können, dass die Umwelt geschützt wird und die wirtschaftliche Zukunft abgesichert ist.

Das kürzlich verabschiedete Mandat für die UN-Steuerkonvention bietet eine einmalige Gelegenheit, den Herausforderungen des Klimawandels aus einer globalen Steuerperspektive her zu begegnen. Sie beinhaltet eine Reihe wichtiger Punkte, darunter die gerechte Aufteilung von Besteuerungsrechten, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung durch vermögende Privatpersonen, die Bekämpfung illegaler Finanzströme und die steuerliche Zusammenarbeit bei Umweltproblemen.

Grace Namugambe ist Entwicklungsökonomin und Aktivistin für Steuergerechtigkeit.

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