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„Krieg verändert unsere Menschlichkeit“

Ein Artikel von:
Rina Alluri
Claudia Dal-Bianco

Interview mit Rina Alluri

Wer ist für Kriege verantwortlich? Welche Rollen haben Frauen* in Konflikten? Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Art, wie wir in Europa über Krieg reden, verändert. Das sieht und hinterfragt die Friedens- und Konfliktforscherin Rina Alluri im Interview mit Claudia Dal-Bianco.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bedeutet: Krieg ist an unserer Türschwelle!

Rina Alluri (RA): Ein großer Teil des Diskurses, der mit dem Krieg in der Ukraine einhergeht, kann mit den Begriffen Überraschung, Schock oder Angst beschrieben werden. Wir haben aus der aktuellen Situation in der Ukraine gelernt, dass wir, die wir in Europa leben, nicht immun gegen Kriege sind. Das war eine sehr schwierige Erkenntnis:dass es trotz zweier Weltkriege und dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien, trotz großer Investitionen in verschiedene politische Mechanismen und institutionelle Organisationen wie die EU oder die UNO, passiert ist. Wir sind so nah am Krieg, und deshalb spüren wir ihn auf eine ganz andere Art und Weise: wir sehen ihn, wir hören ihn, wir riechen ihn.

Ist er wichtiger als Kriege anderswo?

RA: Für Forscher_innen gibt es viele bewaffnete Konflikte auf der Welt. Im August war es genau zwei Jahre her, dass die Taliban in Afghanistan die Macht übernommen haben. Nur zu diesem Jahrestag erschienen eine Reihe von Artikeln, die sich mit den Auswirkungen auf Frauen und wie sie aus dem Land ausradiert wurden befassten. Wenn wir zum Beispiel über den Krieg in Syrien sprechen, dann sprechen wir sehr oft über die Auswirkungen auf Europa und nicht immer darüber, was vor Ort passiert. Im Sudan herrscht gerade ein Bürgerkrieg, in dem täglich viele Menschen sterben. In westlichen Mainstream-Medien ist nicht so viel darüber zu lesen.

Es ist wichtig zu erkennen, dass vom Krieg in der Ukraine in Europa anders berichtet wurde. Das ist in Ordnung, denn wir befinden uns auch auf europäischem Boden und sind auf andere Weise davon betroffen. Gleichzeitig stellt sich mir natürlich die Frage, warum globale Medien und Organisationen mit Aufmerksamkeit und Empathie über den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine berichten, wie sie es über andere Konflikte nicht tun oder getan haben.

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