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Repertoire des Protests

Ein Artikel von:
Marcela Torres Heredia

Das Repertoire feministischer Protestformen ist ein Ergebnis der politischen Ziele der Bewegung. Sie prangern Strukturen der Unterdrückung an, schließen sich zusammen, leisten Widerstand und hinterfragen so in Lateinamerika und der Karibik, aber auch international immer wieder aufs Neue bestehende Machtverhältnisse.

Das Erproben immer neuer Aktionsformen entspricht den politischen Bestrebungen der Feminismen, soziale Gerechtigkeit auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen zu erreichen. Die diversen Protestaktionen zeichnen sich durch vier gemeinsame Elemente aus:
Erstens streben diese Proteste sichtbare Interventionen im öffentlichen Raum an, während sie gleichzeitig versuchen, die Beziehungen im privaten Raum zu beeinflussen. Zweitens versuchen sie nicht-hierarchische und anschlussfähige Strategien zu entwickeln, mit denen unterschiedliche Gruppen, die von verschiedenen Formen der Ungleichheit und Exklusion betroffen sind, zusammengebracht werden können. Drittens versuchen Feminist_innen über verschiedene Protestformen ein stärker intersektionales Verständnis von Ungleichheiten zu entwickeln. Schließlich ist das vierte Element eine Erweiterung und Infragestellung des klassischen Protestrepertoires.

Grüne Welle

Ein historisches Symbol der Proteste in Argentinien ist das Tuch. Es ist ein Sinnbild, das an die Mütter des Plaza de Mayo erinnert – die Frau­enbewegung, die seit 1977 dazu beitrug, die Verbrechen der Militärdiktatur in einem politischen Klima der Unterdrückung anzuprangern, indem sie Informationen über ihre verschwundenen Angehörigen forderte. Jahre später entwickelte sich die Verwendung von Tüchern zur Praxis des Pañuelazos 1 als Ausdrucksform der Massen. Die Teilnehmer_innen einer Demonstration halten ihre Halstücher gestrafft in die Höhe, um so eine möglichst geschlossene Fläche mit der Farbe und der Botschaft des Protests zu bilden. Zum Beispiel geht der Name Grüne Welle (marea verde) darauf zurück, dass seit 2003 in Argentinien bei großen Demonstrationen mit grünen Tüchern für reproduktive Rechte von Frauen sowie allen Gebärfähigen gekämpft wurde. Am 18. Juni 2018, dem Tag, an dem über das Gesetz zur Legalisierung eines kostenlosen Schwangerschaftsabbruchs im Parlament debattiert wurde, gingen fast eine Million Menschen als Grüne Welle in Buenos Aires auf die Straßen. Das Gesetz wurde zwei Jahre später verabschiedet. Seither ist die Grüne Welle eine internationale feministische Bewegung geworden.

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